Vergaberechtnews
Das Fehlen des ausgefüllten Formblatts „Angebotsschreiben“ steht der Annahme eines rechtsverbindlichen Angebots nicht grundsätzlich entgegen.
Das OLG Rostock stellt mit seinem Beschluss vom 01. 02. 2023 – Az.: 17 Verg 3/22 – klar, dass der Auftraggeber insbesondere nicht einseitig regeln kann, dass das Angebot eines Bieters „als nicht abgegeben gilt“, wenn ein vorgegebenes Formblatt nicht verwendet wird. Weitere Ausführungen hierzu finden Sie im Vergaberechts-Report 2024, Seite 5 f.
Bei einem Auftrag über Leistungen, die zu verschiedenen Auftragsarten gehören, richtet sich die maßgebliche Auftragsart nach dem Hauptgegenstand des Vertrages.
Der Vergabesenat des OLG Schleswig stellt mit Beschluss vom 05. 12. 2023 – Az.: 54 Verg 8/23 – klar, dass dabei auf die wesentlichen, vorrangigen Verpflichtungen, die den Auftrag prägen, abzustellen ist. Weitere Erläuterungen hierzu finden Sie im Vergaberechts-Report 2024, Seite 3 f.
Der Auftraggeber kann negative Preise nicht durch die Einbeziehung von Teilnahmebedingungen, nach denen Hauptangebote mit negativen Einheitspreisen von der Wertung ausgeschlossen werden, verbieten.
Das OLG Karlsruhe stellt mit Beschluss vom 18. 08. 2023 – Az.: 15 Verg 4/23 – fest, dass § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A lediglich die Angabe korrekter Preise verlangt. Solange der Bieter bei der Kalkulation sämtliche Leistungen berücksichtigt, die zur Leistungsposition gehören, ist auch ein negativer Preis zulässig. Weitere Erläuterungen hierzu finden Sie im Vergaberechts-Report 2023, Seite 45 f.
Technische Vorgaben können einen Verstoß gegen die Pflicht zur produktneutralen Ausschreibung darstellen.
Die Vergabekammer Westfalen hat in ihrem Beschluss vom 27. 10. 2023 – Az.: VK 1-31/23 – festgestellt, dass ein Verstoß gegen § 7 EU Abs. 2 VOB/A auch vorliegen kann, wenn ohne Nennung eines Leitfabrikats durch technische Vorgaben, z. B. eine Mindestnutzschichtdicke bei Bodenbelagsarbeiten, versteckt ein bestimmtes Produkt vorgegeben wird und nur mit diesem die Anforderungen erfüllt werden können. Siehe hierzu die Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 41 f.
Auch ein negativer Preis ist ein Preis, der grundsätzlich zulässig ist.
Das OLG Karlsruhe stellt mit Beschluss vom 18. 08. 2023 – Az.: 15 Verg 4/23 – klar, dass ein Bieter auch einen negativen Preis angeben darf, da auch dies ein korrekt kalkulierter Preis sein kann. Weitere Erläuterungen hierzu finden Sie im Vergaberechts-Report 2023, Seite 38 f.
Nicht nur die Verletzung einer direkt den Vertragsgegenstand ausmachenden Pflicht, sondern auch ein Verstoß gegen den kaufmännischen Teil des Vertrages bei einem vorangegangenen Auftrag kann als Schlechtleistung im Sinne von § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A ei
Die Vergabekammer des Bundes stellt in ihrem Beschluss vom 17. 08. 2023 – Az.: VK 2-56/23 – fest, dass für den vergaberechtlichen Ausschluss eine rechtskräftige Feststellung der Rechtmäßigkeit der erfolgten Kündigung nicht erforderlich ist. Ausreichend ist, dass der Auftraggeber von der Schlechterfüllung eine Überzeugung gewonnen hat, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet. Siehe hierzu weitere Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 33 f.
Ist mit den Bewerbungsbedingungen klargestellt worden, dass im Vergabeverfahren die Kommunikation ausschließlich über eine Vergabeplattform erfolgen soll, dann muss sich der Auftraggeber hieran im Wege einer Selbstbindung festhalten lassen.
Die VK Sachsen stellt in ihrem Beschluss vom 14. 04. 2023 – Az.: 1/SVK/003-23 – fest, dass diese Selbstbindung durch die Vergabeunterlagen dazu führt, dass eine nachträgliche, stillschweigende Änderung dieser Selbstbindung, beispielsweise durch Versendung fristgebundener Nachforderungsschreiben per E-Mail, dann ausgeschlossen ist. Siehe hierzu die Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 30 f.
Objektiv fehlerhaften Eigenerklärungen kommt kein Beweiswert zu. Ein Bieter kann mit einer objektiv falschen Eigenerklärung die Erfüllung eines Eignungskriteriums nicht nachweisen, sein Angebot ist zwingend nach § 57 Abs. 1 Hs. 1 VgV auszuschließen.
Das Bayerische Oberste Landesgericht stellt in seinem Beschluss vom 26. 05. 023 – Az.: Verg 2/23 – fest, dass es grundsätzlich allein dem Bieter obliegt, dem Auftraggeber die Information zu verschaffen, auf deren Grundlage dieser seine Schlussfolgerungen über die materielle Eignung treffen kann. Siehe hierzu die Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 21 f.
Es ist grundsätzlich ausreichend, wenn dem Auftragnehmer zur Leistungserbringung erforderliche Mittel zum Leistungsbeginn zur Verfügung stehen.
Das OLG Düsseldorf stellt in seinem Beschluss vom 08. 02. 2023 – Az.: Verg 17/22 – zudem fest, dass bei einer ausnahmsweise hiervon abweichenden Forderung des Auftraggebers, wonach Mittel bereits bei Angebotsabgabe vorhanden sein müssen, sich dies aus den Vergabeunterlagen mit der erforderlichen Klarheit und Eindeutigkeit ergeben muss. Siehe hierzu die Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 17 f.
Bei der Aufklärung von Preisen hat der Auftraggeber einen weiten Beurteilungsspielraum.
Die 2. Vergabekammer des Bundes stellt in ihrem Beschluss vom 02. 03. 2023 – Az.: VK 2-10/23 – fest, dass der öffentliche Auftraggeber den Zuschlag auf ein Angebot ablehnen darf, wenn er die geringe Höhe des angebotenen Preises nach Prüfung nicht zufriedenstellend aufklären kann. Hinsichtlich der Frage, ob zufriedenstellend aufgeklärt werden konnte, hat der Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum. Bieter dürfen trotz ihrer Kalkulationsfreiheit die Gesamtkosten nicht beliebig einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zuordnen. Sind Preise zwar eingetragen, jedoch offensichtlich unzutreffend, wird das Angebot von der Wertung ausgeschlossen. Siehe hierzu die Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 13 f.