Vergaberechtnews
Der Auftraggeber kann negative Preise nicht durch die Einbeziehung von Teilnahmebedingungen, nach denen Hauptangebote mit negativen Einheitspreisen von der Wertung ausgeschlossen werden, verbieten.
Das OLG Karlsruhe stellt mit Beschluss vom 18. 08. 2023 – Az.: 15 Verg 4/23 – fest, dass § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A lediglich die Angabe korrekter Preise verlangt. Solange der Bieter bei der Kalkulation sämtliche Leistungen berücksichtigt, die zur Leistungsposition gehören, ist auch ein negativer Preis zulässig. Weitere Erläuterungen hierzu finden Sie im Vergaberechts-Report 2023, Seite 45 f.
Technische Vorgaben können einen Verstoß gegen die Pflicht zur produktneutralen Ausschreibung darstellen.
Die Vergabekammer Westfalen hat in ihrem Beschluss vom 27. 10. 2023 – Az.: VK 1-31/23 – festgestellt, dass ein Verstoß gegen § 7 EU Abs. 2 VOB/A auch vorliegen kann, wenn ohne Nennung eines Leitfabrikats durch technische Vorgaben, z. B. eine Mindestnutzschichtdicke bei Bodenbelagsarbeiten, versteckt ein bestimmtes Produkt vorgegeben wird und nur mit diesem die Anforderungen erfüllt werden können. Siehe hierzu die Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 41 f.
Auch ein negativer Preis ist ein Preis, der grundsätzlich zulässig ist.
Das OLG Karlsruhe stellt mit Beschluss vom 18. 08. 2023 – Az.: 15 Verg 4/23 – klar, dass ein Bieter auch einen negativen Preis angeben darf, da auch dies ein korrekt kalkulierter Preis sein kann. Weitere Erläuterungen hierzu finden Sie im Vergaberechts-Report 2023, Seite 38 f.
Nicht nur die Verletzung einer direkt den Vertragsgegenstand ausmachenden Pflicht, sondern auch ein Verstoß gegen den kaufmännischen Teil des Vertrages bei einem vorangegangenen Auftrag kann als Schlechtleistung im Sinne von § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A ei
Die Vergabekammer des Bundes stellt in ihrem Beschluss vom 17. 08. 2023 – Az.: VK 2-56/23 – fest, dass für den vergaberechtlichen Ausschluss eine rechtskräftige Feststellung der Rechtmäßigkeit der erfolgten Kündigung nicht erforderlich ist. Ausreichend ist, dass der Auftraggeber von der Schlechterfüllung eine Überzeugung gewonnen hat, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet. Siehe hierzu weitere Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 33 f.
Ist mit den Bewerbungsbedingungen klargestellt worden, dass im Vergabeverfahren die Kommunikation ausschließlich über eine Vergabeplattform erfolgen soll, dann muss sich der Auftraggeber hieran im Wege einer Selbstbindung festhalten lassen.
Die VK Sachsen stellt in ihrem Beschluss vom 14. 04. 2023 – Az.: 1/SVK/003-23 – fest, dass diese Selbstbindung durch die Vergabeunterlagen dazu führt, dass eine nachträgliche, stillschweigende Änderung dieser Selbstbindung, beispielsweise durch Versendung fristgebundener Nachforderungsschreiben per E-Mail, dann ausgeschlossen ist. Siehe hierzu die Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 30 f.
Objektiv fehlerhaften Eigenerklärungen kommt kein Beweiswert zu. Ein Bieter kann mit einer objektiv falschen Eigenerklärung die Erfüllung eines Eignungskriteriums nicht nachweisen, sein Angebot ist zwingend nach § 57 Abs. 1 Hs. 1 VgV auszuschließen.
Das Bayerische Oberste Landesgericht stellt in seinem Beschluss vom 26. 05. 023 – Az.: Verg 2/23 – fest, dass es grundsätzlich allein dem Bieter obliegt, dem Auftraggeber die Information zu verschaffen, auf deren Grundlage dieser seine Schlussfolgerungen über die materielle Eignung treffen kann. Siehe hierzu die Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 21 f.
Es ist grundsätzlich ausreichend, wenn dem Auftragnehmer zur Leistungserbringung erforderliche Mittel zum Leistungsbeginn zur Verfügung stehen.
Das OLG Düsseldorf stellt in seinem Beschluss vom 08. 02. 2023 – Az.: Verg 17/22 – zudem fest, dass bei einer ausnahmsweise hiervon abweichenden Forderung des Auftraggebers, wonach Mittel bereits bei Angebotsabgabe vorhanden sein müssen, sich dies aus den Vergabeunterlagen mit der erforderlichen Klarheit und Eindeutigkeit ergeben muss. Siehe hierzu die Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 17 f.
Bei der Aufklärung von Preisen hat der Auftraggeber einen weiten Beurteilungsspielraum.
Die 2. Vergabekammer des Bundes stellt in ihrem Beschluss vom 02. 03. 2023 – Az.: VK 2-10/23 – fest, dass der öffentliche Auftraggeber den Zuschlag auf ein Angebot ablehnen darf, wenn er die geringe Höhe des angebotenen Preises nach Prüfung nicht zufriedenstellend aufklären kann. Hinsichtlich der Frage, ob zufriedenstellend aufgeklärt werden konnte, hat der Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum. Bieter dürfen trotz ihrer Kalkulationsfreiheit die Gesamtkosten nicht beliebig einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zuordnen. Sind Preise zwar eingetragen, jedoch offensichtlich unzutreffend, wird das Angebot von der Wertung ausgeschlossen. Siehe hierzu die Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 13 f.
Ukraine-Krieg macht Preisgleitklausel weiter erforderlich
Nach Ansicht der Vergabekammer Lübeck, Beschluss vom 01. 02. 2023 – Az.: VgK-27/2022 –, ist der Ukraine-Krieg als Ereignis anzusehen, das den Bietern auch noch im Frühjahr 2023 eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation ohne Preisgleitklausel unmöglich macht. Der öffentliche Auftraggeber überbürdet dem Bieter regelmäßig unter Verstoß gegen § 7 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ein ungewöhnliches Wagnis, wenn er von den Bietern feste Preise für Leistungen einfordert, die durch den Krieg und die verhängten Sanktionen erheblichen Veränderungen unterliegen. Siehe hierzu die weiteren Ausführungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 9 f.
Bieter haben keinen Anspruch auf die Verwendung von Preisanpassungsklauseln.
Die VK Bund hat mit Beschluss vom 19. 10. 2022 – Az.: VK 1-85/22 – entschieden, dass Preisanpassungsklauseln bei der öffentlichen Vergabe von Lieferleistungen nur dann anzuordnen sind, wenn den Bietern eine vernünftige kaufmännische Kalkulation unzumutbar ist. Ein allgemeines Verbot für öffentliche Auftraggeber, den Bietern ein ungewöhnliches Wagnis aufzubürden, besteht nicht mehr. Siehe hierzu die Erläuterungen im Vergaberechts-Report 2023, Seite 7 f.